Ende der Fraktur in Deutschland

Seit Mitte des 16. Jahrhunderts war die gebrochene Schrift die meistbenutzte Druckschrift im deutschsprachigen Raum. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts setzte allmählich ein sehr langsamer Übergangsprozess zugunsten der Antiqua an.

Antiqua- und Frakturschrift gedruckt und geschrieben
Antiqua- und Frakturschrift in gedruckter und geschriebener Form, in erster Zeile das lange s und Schluss-s
Das Nebeneinander der traditionellen Frakturschrift und der in Fremdsprachen üblichen Antiqua hat verursacht, dass deutsche Kinder zuletzt 4 unterschiedliche Alphabete (gedruckte und geschriebene Varianten) lernen mussten.

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In den 1930er Jahren herrschte in Deutschland noch Zweischriftigkeit, die Fraktur wurde jedoch als die „deutsche Schrift“ bevorzugt und bejubelt. Es gab sogar das unverwirklichte Vorhaben, Schreibmaschinen mit Fraktur in allen Behörden einzuführen (1933), an den Schulen wurde in Fraktur als erster Schrift unterrichtet (1935) und jüdischen Verlagen wurde verboten, Fraktur zu verwenden (1937).

Hitler äußerte sich nach der Machtübernahme andererseits kritisch gegenüber den Bestrebungen, die „deutsche Schrift“ noch stärker durchzusetzen (1934). Bei der Brüsseler Weltausstellung (1935) und ein Jahr später bei den Olympischen Spielen sollte der Antiqua Vorzug gegeben werden. Propagandistische Druckerzeugnisse in deutscher Sprache, die für das Ausland bestimmt waren, wurden in Antiqua gesetzt (1937).

Im Rundschreiben Martin Bormanns vom 3. Januar 1941 wurde schließlich der Schlussstrich hinter der langen Geschichte der Frakturschrift gezogen: „Die sogenannte gotische Schrift als eine deutsche Schrift anzusehen oder zu bezeichnen ist falsch. In Wirklichkeit besteht die sogenannte gotische Schrift aus Schwabacher Judenlettern.“ Künftig sollten sämtliche Druckerzeugnisse in der Antiqua gedruckt werden.

Die wahren Gründe der Schriftumstellung sind ungeklärt. Juden war nämlich im 15. Jahrhundert, zu Anfängen der Schwabacher Schrift, der Erwerb von Druckereien untersagt. Im Herbst 1941 wurde die „deutsche Schrift“ an den Schulen abgeschafft. In diesem Jahr erscheint auch der letzte Duden (12. Auflage) in Fraktur. Im Jahr 1942 erscheint die 12. Auflage noch einmal, diesmal nur noch in der Antiquaschrift.

Nach dem 2. Weltkrieg wird die Frakturschrift auch in der Schweiz abgeschafft, nur noch einzelne Buchausgaben werden in der alten Schrift gedruckt. Bis in die 1960er Jahre erscheinen im deutschsprachigen Raum Bibeln in der Frakturschrift.

Heute findet die Fraktur nur noch begrenzte Anwendung, namentlich in Biermarken, Zeitungstiteln oder auf Straßen- und Aushängeschildern.

Gegenüber der Antiquaschrift hat die Fraktur einige typografische Besonderheiten (langes s, Ligaturen), die im Zeitalter der allgemeinen Zugänglichkeit von Schriften aller Art in der Computertechnik unter den Laien kaum noch Beachtung finden.

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