EU: Vokabelwissen soll nicht entscheiden, wer Politik gestaltet

Getreu dem Motto „In Vielfalt geeint“ und dem seit der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft geltenden Prinzip der Gleichheit arbeitet die Europäische Union mit allen 23 Sprachen ihrer Mitglieder als gleichwertigen Amtssprachen – so vielen wie sonst keine andere überstaatliche Organisation: Die UNO mit 192 Mitgliedsstaaten bedient sich 6 Sprachen, die NATO mit immerhin 26 Mitgliedern sogar nur 2 Sprachen.

EU-Flagge
Die Sprachenfrage wurde gleich in der allerersten Verordnung der EWG aus dem Jahr 1958 geregelt. Der Gleichheitsgrundsatz fußt auf dem Gedanken, dass alle Staaten auf gleicher Augenhöhe stehen sollen – und das auch sprachlich. Aus der Benutzung seiner Sprache dürfen sich für kein Mitglied Vor- oder Nachteile ergeben.

Ohnehin finden sich in der heutigen EU pragmatische Lösungen, ohne die der Übersetzer- und Dolmetscheraufwand enorm wäre – bei 23 Amtssprachen sind ja 506 Übersetzungskombinationen möglich. Relais-Übersetzung heißt das Stichwort – das Dokument wird dabei in eine gängige Sprache übersetzt und erst danach in die einzelnen Zielsprachen überführt.

Es läuft vieles auf das Englische hinaus. Wie die Erfahrung aber zeigt, bringt diese Lösung große Nachteile: Da sich viele nichtenglischsprachige Redner der genauen Bedeutung der englischen Begriffe nicht immer voll bewusst sind, reden sie häufig aneinander vorbei. Es passiert dann, dass auch die Dolmetscher rätseln müssen, was die Redner eigentlich im Sinne hatten.