Ursprüngliche Sprachen in Südalberta kämpfen ums Überleben

In ganz Kanada existieren mehr als 50 indigene Sprachen. Einige gedeihen gut: Das Kri hat beispielsweise 80.000 Sprecher, die es jeden Tag sprechen. Dutzende weitere Sprachen kämpfen jedoch ums Überleben. Die Versammlung der First Nations erklärte im Jahr 1998 deshalb einen Notstand.

SüdalbertaIn Südalberta ist jede der Sprachen des 7. Vertrags (zwischen der Königin Victoria und den Vertretern der Indianerstämme über die Errichtung der Reservate) auf unterschiedlichen Bedrohungsstufen vertreten: Der Sioux-Dialekt Nakoda, den 1500 der 4000 lebenden Mitglieder des Stammes Stoney Nakoda sprechen, ist trotz einer aufgelösten mündlichen Tradition im relativ besten Zustand. Die Blackfoot-Sprache ihrer südlichen Nachbarn Siksika hat dagegen schlechtere Aussichten. Zwar hat sie 4000 Sprecher, doch ihre Kinder lernen diese Algonkin-Sprache nicht. Sarcee, die Sprache des kleinsten der Stämme Tsuu T’ina, ist in ihrer Existenz bedroht – während einiger Jahrzehnte werden die meisten ihrer Sprecher gestorben sein.
Wie konnte es so weit kommen? Bereits der Abschluss des 7. Vertrages im Jahr 1877 war nach Überlieferung der beteiligten Indianerstämme wegen sprachlicher Missverständnisse ein Irrtum: Die Dolmetscher vermochten es angeblich nicht, Wörter wie ‚kapitulieren‘ oder ‚Gebiet abtreten‘ aus dem juristischen Englisch in die drei Indianersprachen richtig zu übertragen.

Von der Kirche und vom Staat finanzierte Internatsschulen begannen bereits Jahrzehnte vor dem Abschluss des Vertrages mit dem Unterricht der Eingeborenenkinder. Diese Internate existierten bis in die 1970er Jahre. Kinder durften dort keine andere Sprache als Englisch sprechen.

Nachdem man begonnen hatte, Kinder mit den Bussen zur Schule zu fahren, wurde in die Reservate Strom eingeführt. Kurz darauf hatten die meisten Indianerfamilien ein Fernsehgerät zu Hause, mit dem man nur englischsprachige Sendungen empfangen konnte – heute stellt ein ähnliches Hindernis für die Sprachenerhaltung die Verbreitung des Internets dar.

Das einzige Mittel, mit dem man dem Rückgang der Sprecher die Stirn bieten kann, ist der Sprachunterricht. Kinder sollen ihre kulturelle Tradition kennenlernen, um sie für die Zukunft zu bewahren.

Experten sehen eine Chance in der Wiedergeburt der indigenen Sprachen dank Aktivität jener Sprecher, die sie als Zweitsprachen sprechen. Im Geiste der Erneuerung entsteht so ein Nakoda-Wörterbuch. Der Sprachunterricht wird gefördert. Es ist keine Erfolgsgarantie, aber eine Chance. Vielen ist bewusst geworden, dass wenn eine Sprache ausstirbt, dann endgültig und unumkehrbar.