Jede zweite Sprache vom Aussterben bedroht

Nach Informationen des aktuellen Weltatlas der bedrohten Sprachen, der im Auftrag von UNESCO vom australischen Linguisten Christopher Moseley erstellt wurde, werden weltweit um die 6000 Sprachen gesprochen.

Interaktiver Atlas der bedrohten Sprachen
UNESCO-Atlas der bedrohten Sprachen in interaktiver Form
Von dieser Menge ist jedoch eine Hälfte in ihrer Existenz gefährdet. In Deutschland sind Beispiele der Vertreter dieser Gruppe Nordfriesisch und Sorbisch.

Bedrohungsgrade der Sprachen laut „Weltatlas der bedrohten Sprachen“•
unsafe – unsicher
•definitely endangered – bedroht
•severely endangered – ernsthaft bedroht
•critically endangered – kritisch bedroht
•extinct – ausgestorben

Nordfriesisch mit 10 Tsd. Sprechern, das außerhalb eines kleinen Nordseeküstengebietes zwischen Husum und der deutsch-dänischen Grenze nur noch auf 5 Inseln gesprochen wird, ist trotz der Aufmerksamkeit, die der Sprache auch auf Universitätsniveau gewidmet wird, als ernsthaft bedroht eingestuft. Nordfriesisch spaltete sich vom Westfriesischen ab, das im Nordosten der Niederlanden gesprochen wird, und gestaltete sich vergangene zwei Jahrhunderte als selbstständige Sprache.

Halbwegs besser ist die Stellung des Sorbischen, das „nur“ als bedroht eingestuft ist. Das Sorbische, die einzige slawische Sprache in der BRD, hat zweimal so viele Sprecher als das Nordfriesische, und seine Wurzeln gehen auf die Zeit der Völkerwanderung zurück. Dank Anstrengungen der Sorben um die Erhaltung ihrer Traditionen erscheint Literatur in ihrer Sprache, zugleich wird Sorbisch an Schulen unterrichtet.

Was steht hinter dem Sprachensterben? In allen Zeiten versuchten Herrscher Sprachen auszumerzen, und damit auch die Kulturen und Weltansichten der unterworfenen Völker. Kolonialismus und Kriege trugen dazu bei, dass nur einige wenige Sprachen eine dominante Stellung erreichten.

Es zeigt auch die heutige Verteilung der Sprachen im Internet: Es überwiegen zwölf Weltsprachen, Tausende weitere sind dagegen überhaupt nicht vertreten.

Der Atlas, der die bedrohten Sprachen erfasst, schließt an die vorherigen Ausgaben aus den Jahren 1996 und 2001 an, und erscheint nach einer Testphase auf der Website der UNESCO in digitaler Form, dank der man detaillierte Informationen zu den einzelnen Sprachen in den Staaten aller Welt nachschlagen kann. Der Atlas steht auch als PDF-Datei zum Download zur Verfügung.