Weiblicher Kanzler überfordert die französische Sprache

Die Wahl der deutschen Bundeskanzlerin bereitete den Franzosen ein unerwartetes Kopfzerbrechen vor. Die weibliche Form zum Kanzler bestand nämlich bis dahin im Französischen nicht. Die nahe liegende la chancelière bedeutete entweder ‚Frau des Kanzlers‘ oder gar ‚ein gefütterter Sack, um die Füße zu wärmen‘ (Petit Larousse).

Deutsche Bundeskanzlerin
„Madame Chancelière“
Das konservative Blatt „Le Figaro“ bediente sich zuerst der männlichen Form: „In Pumps mit spitzen Absätzen und bekleidet mit einem koketten rosa Kostüm hat der deutsche Kanzler die Hand von Jacques Chirac geschüttelt.“ Die anschließende Leserdebatte bestätigte, dass sich die Mehrheit – mit großer Unterstützung von Leserinnen – gegen die weibliche Neuform stellte. Schließlich bietet das Französische keinen Mittelweg – Substantive sind entweder maskulin oder feminin. Und bei vielen Berufsbezeichnungen besteht nunmal nur die eine Form: neben dem le maître (Notar, Anwalt) gibt es keine la maîtresse (Mätresse).

Le Figaro hat sich – obwohl ungern – mittlerweile pragmatisch zur allgemein akzepierten „chancelière allemande“ durchgerungen, so dass nur noch die Sprachwärterin Académie française laut protestiert.